Die Waldlizenz

A: Ich mache mir Sorgen, ob mein Sohn die die Prüfung für die Waldlizenz bestehen wird.

B: Hmm.. Ehrlich gesagt, finde ich diese Waldlizenz sowieso ein Witz. Mein Sohn käme nie auf die Idee im Wald zu spielen.

A: Und trotzdem – es gibt einige Aspekte der Lizenz, die für jeden Sinn machen.

B: Und das wären?

A: Ich denke zum Beispiel an die Zeckenimpfung.

B: Ok. Aber die könnte man auch in die reguläre Impfpflicht integrieren. Denn von Zecken kann man auch im Garten gebissen werden. Da finde ich das Erkennen von giftigen Pflanzen schon sinnvoller.

A: Ich finde auch das Prüfen des Umgangs mit dem Taschenmesser sinnvoll.

B: Wobei hier nicht alle Teilaufgaben Sinn machen.

A: Wieso nicht?

B: Das Zuspitzen eines Astes zu prüfen, mag ja noch Sinn ergeben. Aber das Benutzen der Nagelfeile in die Prüfung zu integrieren, ist wohl übertrieben, oder?

A: Komm schon, das ist nur eine von 12 Aufgaben. Daneben gibt es auch sehr sinnvolle Aufgaben wie das exakte Halbieren einer A4-Seite, das Öffnen einer Büchse und das Festdrehen einer losen Schraube. Und wegen einer fragwürdigen Aufgabe ist doch nicht die ganze Lizenz sinnlos.

B: Halt, halt! Das ist nicht die einzige unnütze Aufgabe. Oder erachtest Du es als wichtig, dass ein 10-jähriger einen Korken ziehen kann?

A: Yep! So kann ich meinem Junior das Öffnen der Weinflasche überlassen, während ich das Feuer mache.

B: Blödmann! Wenn die Kids mit Dir unterwegs sind, brauchen sie aber gar keine Waldlizenz. Es geht ja nur darum, dass sie alleine nicht ohne Lizenz im Wald spielen dürfen.

A: Schon klar, war ja als Witz gemeint.

B: Aber wenn wir schon beim Feuer sind: auch hier ist das Aufgabenspektrum nicht genügend realitätsbezogen. Nach meiner Ansicht wird zuviel Gewicht auf das Entfachen von Feuer ohne Zündhilfen verwendet.

A: Das finde ich aber gar nicht unsinnig. Das Verwenden von Benzin aus dem Mofa und dergleichen ist nun einmal sehr gefährlich.

B: Das schon, aber es wird zuwenig Wert auf das vollständige Löschen eines Feuers gelegt. Warum wird zum Beispiel nicht auf die Möglichkeit eingegangen, dass man ein Feuer effizient vollständig löschen kann, indem man drüber pinkelt.

A: Du weißt so gut wie ich, warum dies in einer offiziellen Prüfung nicht einbezogen werden kann.

B: Das sehe ich nicht ein. Ich sage ja nicht, dass es Bestandteil des praktischen Teils sein soll. Aber mindestens im schriftlichen Teil der Prüfung müsste dies Erwähnung finden. Oder ist es abwegig, dass bei Gelegenheit ein Mädchen in der Gruppe die Jungen dazu anhält, auf diese Weise ein Feuer zu löschen.

A: Rational gesehen natürlich nicht, aber man hatte wohl trotzdem Angst, dass dies Angriffsfläche für sexistische Vorwürfe bieten könnte.

B: Ha, da haben wir’s. Genau dadurch wird die Lizenz, die für praktische Aspekte Befähigung messen soll, sehr praktischer Lösungen beraubt.

A: Jetzt mach mal halblang. Auch das macht doch nicht gleich die ganze Prüfung unpraktisch.

B: Dann sag mir mal, wozu das Erkennen der Waldtiere an ihren Stimmen und Spuren gut sein soll. Die Kinder sollen sich ja nicht durch Jagd ernähren können.

A: Dadurch sollen doch die Kinder in die Lage versetzt werden, zu erkennen, wo möglicherweise Tiere hausen und vermeiden können, dass die Tiere gestört werden.

B: Eben! Dabei war die ursprüngliche Stossrichtung der Waldlizenz die Sicherheit der Kinder und nicht die der Waldtiere.

A: Das glaube ich nicht.

B: Aber sicher. Nach dem Vorfall, wo sich ein Mädchen mit dem Gertel den Zeigefinger abgehackt hat und dieser nicht mehr angenäht werden konnte, weil ihn eine Krähe weggetragen hatte, wurde der Vorstoss Steinbrück für die Einführung einer Waldlizenz verabschiedet. Also ging es klar um den Schutz der Kinder. Und ich glaube nicht, dass das Erkennen einer Krähenstimme verhindert hätte, dass sich die Krähe den Zeigefinger geschnappt hat.

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