Die Internetküche

So genau kann ich nicht mehr sagen, wann die Entfremdung von meiner Frau ihren Anfang nahm, aber nach und nach begann mich ihre Küche zu langweilen. Dabei waren ihre Kochkünste damals ein wichtiger Grund gewesen, warum ich sie geheiratet hatte.

Bei uns zu hause hatte kochen keine Tradition. Meine Mutter war Lehrerin und engagierte sich ausserhalb der Schule in allen möglichen Vereinen unserer Gemeinde. Sie hatte selten Zeit uns etwas zu kochen und wenn, dann waren es Pasta an einer Tomatensosse aus der Büchse. Mein Vater störte das nicht, er ass meist auswärts. Es hatte mich drum enorm beeindruckt, dass meine heutige Frau ein beachtliches Repetitor traditioneller Gerichte auf Lager hatte.

Leider hat mich das nur so lange beeindruckt, bis ich auf dem Internet die unzähligen Kochseiten zu entdecken begann. Unglaublich, was man auf dem Internet alles findet. Die exotischsten Gerichte unwiderstehlich anmachend abgebildet. Natürlich habe ich versucht, auch meine Frau für all die entdeckten Rezepte zu begeistern. Leider erfolglos. Immer fand sie an allem was auszusetzen. Entweder war es zu schwierig die Zutaten zu bekommen, oder sie verfügte nicht über das geeignete Gerät, oder es war gerade nicht Saison für das Gericht, oder sie hatte sonst keine Lust. Einmal rief sie aus, was denn mit mir los sei, dass ich mich dauernd auf diesen Kochseiten rumtreibe. Ob ihre Küche denn wirklich so schlecht sei.

Da gab ich es auf. Ich kann nicht schlechtes darin sehen, sich im Internet zu inspirieren, um ins graue Alltagsmenü etwas mehr Farbe zu bringen. Um etwas ausgefallene Gerichte zu geniessen, sollte man ja nicht gleich auswärts verpflegen müssen.

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