Tod der Familie!

Ich habe von einer besseren Welt geträumt. Begonnen hat mein Traum allerdings eher wie ein Albtraum. Ich habe eine dieser deprimierenden Studien gelesen – oder wurde sie präsentiert, – die einem vor Augen führen, dass von Chancengleichheit noch immer keine Rede sein kann. 

An eine feurige Diskussion mag ich mich erinnern. Wohl wurde die Studie also doch eher einer Gruppe, von der ich Teil war, präsentiert. Empörte Ausrufe folgten der Präsentation: «Was haben wir nicht schon alles versucht?!» «Allen Schülern haben wir kostenlose Lernhilfen zur Seite gestellt.» «Studiengebühren haben wir abgeschafft!» «Alles ohne Erfolg!» Noch immer schafft es nur ein Bruchteil aller Kinder, deren Eltern nicht schon Akademiker sind, zu einen Uniabschluss.

Eine Stimme mit viel Gehalt an natürlicher Autorität brachte den Aufruhr zum Verstummen. «Diese Studien lassen nur einen Schluss zu», folgerte die Stimme. «Dass nämlich die grösste Hürde beim sozialen Aufstieg, die Familie ist. Eltern, die den Aufstieg nicht geschafft haben, könne oder wollen offenbar Ihren Kindern nicht die nötige Motivation vermitteln, die es braucht, bis zum Studienabschluss durchzuhalten.» 

«Wir können so weitermachen», fuhr die die Stimme ironisch fort. «Und können als nächstes versuchen, direkter auf die Eltern einzuwirken. Versuchen sie im Rahmen von Elternabenden oder an speziellen Veranstaltungen von der Wichtigkeit, ihren Kindern eine Perspektive zu geben, zu überzeugen. Wenn man aber weiss, wie viele Eltern generell Informationsveranstaltungen an Schulen fernbleiben, sind Zweifel, ob der Ansatz funktionieren wird, mehr als angebracht.»

«Nein! Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Eltern die Zukunft Ihrer Kinder durch Gleichgültigkeit ruinieren! Nur wenn wir Eltern gänzlich die Erziehung entziehen und in staatliche Obhut geben, werden wir dieser Benachteiligung Herr werden. So können wir verhindern, dass unterbelichtete Eltern das Potenzial ihrer Kinder nicht erkennen. Gleichzeitig verhindern wir, dass begüterte Eltern ihrem unterbelichteten Nachwuchs einen unfairen Vorteil verschaffen!» 

Das Ende des Traumes war eher diffus. Ich erinnere mich, dass die Begeisterung für diesen Vorschlag riesig war. Es gab sogar feurige Voten, die gar verlangten, noch weiterzugehen und die Fortpflanzung in staatliche Hände zu legen. Ob etwas von den Forderungen umgesetzt wurde, liess der Traum offen oder entzieht sich meiner Erinnerung. Es scheint mir jetzt auch gar nicht mehr klar, ob wir da als Gremium, das solche Ideen umsetzen könnte, zusammenkamen oder ob wir bloss Teil einer politischen Versammlung waren. Aber das spielt eigentlich gar keine Rolle. Die Forderung scheint mir auch so überzeugend genug, um sie mir auf die Fahne zu schreiben.

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