Wan Chai

Sein Schädel brummt noch immer, aber jetzt wo er in der Lufthansa Lounge sitzt, fühlt es sich schon weniger schlimm an. Noch ein weiteres Bier und er würde sich weiter entspannen und die Kopfschmerzen würden vergehen. Auch die Gedanken an die letzte Nacht, werden sich hoffentlich rasch verflüchtigen.

Mark weiss, dass er sich nicht hätte drauf einlassen dürfen, er wusste ja, dass seine und Andrés Lebensphilosophie ziemlich unterschiedlich waren. Sie stammten zwar aus dem gleichen Dorf und hatten zusammen studiert, aber nicht von ungefähr danach unterschiedliche Karrierewege beschritten. Während er sich für eine akademische Karriere entschied, wechselte André ins Investment Banking. Er hatte André auch weniger aus dem Wunsch heraus kontaktiert, ihn wieder zu treffen, als aus dem Bedürfnis, das Wochenende, das er gezwungen war, in Hong Kong zu verbringen, um vom billigen Flugtarif zu profitieren, nicht ganz alleine verbringen zu müssen.

Dass Mark nicht mehr weiss, wieviel Margaritas er gestern Abend getrunken hat, beruhigt ihn nicht wirklich, denn vom ersten Moment, als sich die beiden Philippina zu ihnen gesellten, war ihm nicht ganz wohl und da war er noch nüchtern. Er solle sich entspannen, er werde sehen, die Girls seien ganz nett und wenn er sich nicht so zugeknöpft gebe, werde dies ein unvergesslicher Abend.

Maria war tatsächlich ganz nett. Sie erzählte von ihren Geschwistern auf den Philippinen, dass sie gerne in Deutschland als Kellnerin abreiten würde, fragte ob alle deutschen Männer so nett und ob deutsche Mädchen hübsch seien. Auf magische Weise brachte sie ihn immer wieder dazu, einen weiteren Margarita zu bestellen und ihre Berührungen immer angenehmer zu empfinden. Erst realisierte er gar nicht, dass sie begonnen hatte ihn zu küssen, aber es fühlte sich wohltuend erregend an.

Dass André gegangen war fiel Mark erst auch gar nicht auf und als er sich suchend nach ihm umschaute, flüsterte ihm Maria ins Ohr, dass er mit ihrer Schwester gegangen sei und dass sie für zweitausend Dollar auch zu ihm ins Hotel mitkommen würde. Wage mag sich Mark noch erinnern, dass er am Automaten Geld rausgelassen hat und sie ihm in einem 24h-Shop beim Kauf von Kondomen behilflich war. Nur zu gut mag er sich aber noch daran erinnern, dass er nicht in der Lage war, in sie einzudringen, weil seine Latte nicht steif genug war und sie ihm dann halt einen runterholte.

Dass sie am Morgen noch da war, war ihm enorm unangenehm und er hatte sie gedrängt, rasch zu gehen, nicht nur weil er noch duschen wollte und packen musste, bevor er zum Flughafen ging. Und jetzt sitzt er hier und fühlt sich beschissen. Mark ist sich nicht sicher, ob ihm das Erlebnis nur peinlich sein sollte oder ob er Gewissensbissen zu haben braucht. Man kann nicht wirklich sagen, dass er sie ausgenutzt hat. Sie hat ihm bloss einen runtergeholt und dafür fast 250 Euro erhalten und Maria scheint der Abend auch gefallen zu haben. Und mit dem Geld kann sie sicher ihre Geschwister auf den Philippinen unterstützen. Nur, die Nachricht von André mit der Frage, wie den die letzte Nacht gewesen sei, machte ihm klar, dass er die unangenehme Erinnerung wohl nie loswerden würde.

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