Erbschuld

Bis vor kurzem hatten mich meine Eltern mit ihrem dauernden Gequatsche, ich müsse Eigenverantwortung und Eigeninitiative aufbringen, um aus meinem Leben etwas zu machen, genervt. Darum musste ich ihnen kürzlich einmal klar machen, dass sie sich mit ihrem egoistischen Akt meiner Zeugung auch die Verantwortung aufgeladen haben, für mein Wohlergehen zu sorgen. Denn am Ende des Tages war es nicht ich, der von ihnen verlangt hatte, mich auf diese verfickte Welt zu stellen. Eher war es wohl eine Kombination ihrer Experimentierfreude, Sinnfindung und vielleicht Langeweile, die sie dazu trieb. Die Verantwortung, die sie damit haben, kann also weder in einen bestimmten Lebensjahr enden, noch kann sie schleichend abgegeben werden. Sie können nicht behaupten, nicht gewusst zu haben, dass ich erwartungsgemäss rund 70 Jahre werde leben müssen und dass daher ihre Verantwortung auch so lange bestehen wird.

Bei Kindern sind die Ansprüche dem Dümmsten klar. Aber sie bestehen nicht weniger als Teenager und sogar im Erwachsenenalter. Gerade als Teeny gibt es Dinge, die für das Selbstwertgefühl von entscheidender Bedeutung sind. In diesem Alter ist es doch schwer zu verkraften, wenn die Klassenkameraden über eine goldene Kreditkarte verfügen, die Eltern dies einem aber vorenthalten wollen. Und im Erwachsenenalter wird es mir unter Umständen nicht möglich sein, einen Job zu ergattern, der es mir erlauben wird, gut zu leben. Es ist also Teil ihrer Verantwortung, Kohle beiseite zu legen, um mir eine schöne Erbschaft zu garantieren.

Das scheint ihnen ziemlich eingefahren zu sein, denn seit diesen Argumenten habe ich keine Diskussionen mehr mit meinen Eltern. Ich hoffe, dass die Elternverantwortung eines Tages einklagbar wird, denn wenn ich mich so umsehe, sind nicht alle Eltern so einsichtig wie meine.

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