Die Lawine

Wir sitzen schon Tage untätig hier rum, ohne recht zu wissen, wie es weitergeht. Weder können wir auf die Pisten, noch können wir aus dem Tal ausreisen.

Vor drei Tagen fiel der grosse Schnee, was die unvermeidliche Lawinengefahr brachte. Üblicherweise werden am Tag nach dem Schneefall, durch Sprengungen gezielt Lawinen ausgelöst, so dass danach die Pisten wieder ohne Gefahr befahren werden können. Diesmal fanden bis heute keine Sprengungen statt und wir sitzen hier rum, ohne recht zu wissen, wie es weitergeht. 

Als sich am ersten Tag nichts tat, wurde die Vermutung herumgereicht, die Sprengladungen könnten nicht ins Zielgebiet gebracht werden, wegen dem vielen Schnee. Für uns, die regelmässig in diesem Tal Urlaub machen, war das keine plausible Erklärung. In vergangenen Jahren wurden zu diesem Zweck meist Helikopter eingesetzt. 

Als es nach zwei Tagen dann hiess, Sprengungen seinen gerichtlich untersagt worden, schien uns dies absurd. Aber was im ersten Moment absurd erscheint, entpuppt sich allzu oft als bittere Realität. Gegen die künstliche Auslösung der Lawinen wurde tatsächlich geklagt. In einem Teil des Bannwaldes, den eine der Lawinen wahrscheinlich treffen würde, stehen einige prächtige Zirbelkiefern, die wohl an die 100 Jahre alt sein mögen. Diese seien schützenswert, durch die Lawine gefährdet und auf die Lawinenauslösung sei deshalb zu verzichten, lautet der Antrag, der von einem Aktivisten nationaler Bedeutung eingebracht wurde.

Befürworter einer Sprengung wurden angehört. Würde die Lawine in einigen Tagen natürlich abgehen, könnte es die Zirbeln genauso treffen. Am Ende des Tages sei ein Bannwald gerade dazu angelegt, um die Wucht eine Lawine aufzunehmen, was unweigerlich zum Verlust von Bäumen führen muss. Man könne ja nicht hunderte von Touristen im Tal festsetzen, während man über das Schicksal einiger alten Zirbeln entscheide. Dies würde enorme Kosten mit sich bringen. 

Man sagt, der zuständige Richter verstehe die Argumente der Befürworter. Aber er weiss wohl auch, dass auf nationaler Ebene dem Schutz alter Baumbestände meist höheres Gewicht gegeben wird, als lokalen wirtschaftlichen Interessen. So fand er es wohl angebracht, die Lawinenauslösung vorerst zu unterbinden, wohl in der Hoffnung, dass diese natürlich abgehen und sich das Problem von selbst lösen wird. 

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