Der Schriftsteller, die Toten und die Demut

Ich habe letzte Woche dieses Interview gelesen mit dem bedeutendsten Schriftsteller seines Landes. Er äussert sich über die Corona-Strategie seines Landes und sagt, die vielen Toten seien eine Folge eines Mangels an Demut und dass sein Land die Pandemie so schlecht gemeistert habe, weil es da immer zuerst ums Geld gehe. 

Das habe ich nicht verstanden und so genau hat das der Schriftsteller im Interview leider nicht ausgeführt. Meint er wirklich Geld oder meint er Kosten? Natürlich, da sind die Kosten für die Wirtschaft, das reimt auf Geld. Die Restaurants und kleinen Detailhändler die für immer schliessen müssen. Auch da geht Geld verloren. Und die Kosten für die Kurzarbeit der Serviceangestellten und Köche oder die Beiträge an die Kulturschaffenden. Auch das geht ins Geld. Aber wer bekommt Geld und wer nicht? Und wieviel Geld soll man für eine Reservation von Impfdosen ausgehen?

Aber was ist mit dem Mut der Restaurateure, die nach diesem Trauma nicht wieder aufstehen, um es zu wagen, ein Geschäft mit so engen Margen zu betreiben. Den Grossen, die grösser werden und den kleinen, die eingehen? Den Schülern aus unterprivilegierten Verhältnissen, deren schulischer Rückstand sich ausweitet. Den Berufseinsteigern, die Mühe haben, in der Arbeitswelt Fuss zu fassen? Dem Anstieg von Depressiven und Suiziden? Diese Kosten lassen sich sowenig mit Geld aufrechnen wie die Toten und die Demut. 

Geht es also um die Kosten, um deren Verteilung gefeilscht wird? Was ist schlecht daran? Würde er die Kostenverteilung einer Partei überlassen? Sieht er eine Elite, der er zutraut, eine gerechte Allokation vorzunehmen? Oder müsste gar ein Diktator her?

Vielleicht suche ich zu weit. Kann es sein, dass der Schriftsteller die Unterscheidung von Kosten und Geld gar nicht machen will. Möglicherweise geht es dem bedeutenden Schriftsteller gar nicht drum etwas Erhellendes zu sagen, denn wahrscheinlich dient sein Kommentar einfach seinem gewerblichen Interesse. In seinem Land geht es ja immer ums Geld. Geld klingt provokativer als Kosten und eignet sich besser, um im Gespräch zu bleiben.

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